Kein Sex mehr in der Beziehung: Was passiert, wenn einer die Lust verliert
Ich bin seit fünf Jahren in einer festen Beziehung. Und wie das in Beziehungen nun mal so ist: Irgendwann sind sowohl die berühmte rosarote Brille als auch das aufgeregt-ekstatische Kribbeln weg. Das ist nur logisch und passiert beim Großteil aller Paare.
Doch was machen, wenn auf einmal ein ganz wichtiger Bestandteil einer Beziehung fehlt – nämlich die Lust? Ich habe für euch diese Krise in vier Stages zusammengefasst.
Stage 1 – Das langsam verkümmernde Luder
Ich rede hier gar nicht von der ständigen Lust einander die Kleider vom Leib zu reißen und hier und jetzt sofort auf dem Küchentisch das Kamasutra rauf und runter zu nageln. Es geht um Lust ganz allgemein. Die Libido, wie es andere gerne nennen. Dass die „Trockenperioden“, wie es so malerisch heißt, in längeren Beziehungen vielleicht auch mal länger ausfallen, ist normal. Doch bei mir ist tatsächlich die Lust auf Sex verschwunden. Ich war sexuell immer aktiv. Und wenn gerade nicht aktiv, dann wenigstens interessiert. F*ck it, Sex ist tatsächlich mein Lieblingsthema Nr. 1, weil es einfach so verdammt interessant ist. Nach ungefähr drei Jahren in meiner Beziehung mit einem Mann den ich über alles liebe, war es aber irgendwann einfach vorbei. Nicht die Lust auf meinen Partner, sondern ganz allgemein die Lust auf Sex an sich. Das Lustempfinden, die Libido, der Hunger nach körperlicher Liebe – einfach verkümmert wie ein Pflänzchen, das keiner mehr gießen möchte.
Stage 2 – Von kleinen Knacksern zu massiven Rissen im Beziehungsfundament
Was bedeutet das nun für das Zusammenleben? Erst mal kommt natürlich die Suche nach Ausreden. Wir haben keinen Sex, weil es in der WG einfach nicht entspannt ist. Wir haben keinen Sex, weil ich einfach geschafft vom Job bin. Wir haben keinen Sex, weil er sich beim Fußball weh getan hat. Weil es gerade so stressig ist. Weil wir gerade so schwer gegessen haben. Weil Lost angucken gerade spannender ist. Weil das in einer längeren Beziehung eben so ist. Die traurige Wahrheit war aber: Ich hatte einfach keine Lust. Dann kommt der Sex aus schlechtem Gewissen, denn schließlich muss ich als gute Partnerin für meinen Freund doch die absolute Hammer-Granate im Bett sein. Richtig?
WRONG. FALSCH. ABORT MISSION! Das Schlimmste, was ich in diesem Fall tun konnte, war, mich auf Sex einzulassen, obwohl ich absolut Null Bock hatte. Denn das Ergebnis war verkrampfter Sex, bei dem ich toll schauspielerte, mich aber nachher noch schlechter fühlte. Denn jetzt war nicht nur die Lust weg, ich war auch noch unehrlich. Yay, mega förderlich für eine sowieso schon angeschlagene Beziehung! (#sarcasmoff) Next Step auf der Suche nach der Libido: Selbstbefriedigung. Im Online Shop alles bestellen, was laut Bewertungen super viel Spaß macht und Frauen innerhalb Sekunden berauschende Orgasmen bescheren soll. Fazit: Nada. Alles, was ich da unten versuchte, fühlte sich ungefähr so interessant an wie ein Biss in nicht mehr knuspriges Knäckebrot.
Stage 3 – Der Wahrheit ins Gesicht sehen
Nach über einem Jahr heucheln, probieren, abblitzen lassen und verzweifeln war mir klar, dass ich das Gespräch suchen musste. Und zwar nicht mit Freunden, die mir (sorry Ladies) sowas von absolut gar nicht halfen, sondern mein schlechtes Gewissen nur noch drastisch verschlimmerten indem sie mir versicherten, sie hätten ja auch nicht so oft Sex (und damit „nur alle 2 Wochen“ anstatt „nur alle 3 Monate“ meinten). Ich suchte das Gespräch mit meinem Partner und, so offen wollen wir hier mal sein, mit einer Therapeutin.
Und das erste Mal so richtig über Sex und PROBLEME beim Sex reden, ist ziemlich scheiße. Dem Partner gegenüber gestehen, dass man die Libido gänzlich verloren hat, mit einer Wildfremden darüber sprechen, wie sich was in und um die Vagina herum anfühlt – fun times, fun times.
Stage 4 – Babysteps zurück aufs Spielfeld
Aber, und das möchte ich allen mitgeben, die bis zu dieser Stelle gelesen haben, weil sie vielleicht genau das gleiche Problem haben: Es hilft! Denn plötzlich merkt man, wo die Lust verloren gegangen ist. Man kann sich eingestehen, wo die Probleme wirklich liegen (bei mir: Ich habe in der Beziehung massiv zugenommen und komplett meine Body-Love verloren). Man nimmt den Druck raus. Sex ist kein Leistungssport und es ist komplett egal, ob man nun jeden Tag heiße Schäferstündchen miteinander genießt oder nur alle paar Wochen oder Monate. Wichtig ist in einer Beziehung, dass die Zärtlichkeit nicht verloren geht und dafür ist Sex nicht notwendig. Wer die Lust nicht erzwingt, sondern einfach den Druck und das Pflichtgefühl raus nimmt, wird merken, dass die Lust auch einfach wieder zurückkommt. Unregelmäßig, überraschend, unverhofft, aber sie kommt. Und wenn es dann so weit ist: Holla die Waldfee, dann sieht das Kamasutra daneben ziemlich alt aus.